Miese Sozialismusphantasien eines Multimillionärs
21. Oktober 2011 Hinterlasse einen Kommentar
Jakob Augstein war gewiß einmal die Hoffnung seiner Väter. Wie schwer wöge ihre Enttäuschung, sähen und läsen sie ihn heute? Nicht nur, daß der Bub einmal allerdringendst zum Friseur müßte – eine solche Frisur tragen vielleicht erschossene Maghreb-Diktatoren, aber sonst niemand -, er sollte vor allem seinem wirren Geschwafel entsagen.
Was dieser Augstein schreibt, ist derartig hanebüchen, daß es schwer fällt, nur die gröbsten Irrsinnigkeiten darzustellen, um sich nicht im Kleinklein all der anderen Wahne zu verlieren.
So schreibt dieser grandios Meinende (aber nichts Wissende), daß am Ende der Krise
- entweder den Euro
- oder die freien Märkte
- oder den europäischen Sozialstaat
nicht mehr geben würde – und das sei, so Augstein, nicht nur irgend so ein Gedanke im unsortierten Unterschlundganglion eines linken Spinners, sondern, halten zu Gnaden, tatsächlich: Wissen.
Du bist es, Jakob! Du bist der Weltenerklärer, Du bist der große Prophet, Du bist es, dessen Kraft zur Analyse endlich Klarheit in die leider ach so komplizierte Welt bringt. Hörten doch nur alle auf Dich, und alles wäre gut… Jakob, wenn der Geist der Welt in einem Charakterschädel sich niedergelassen hat, dann in keinem außer Deinem…
Aber bevor die Hymne auf den Heiligen Geist der Linken endgültig gesungen wird, sollten einige wenige Überprüfungen dieser Verlautbarungen des Generalsekretärs des nach dem Weggang Broders wieder in trauter linken Geschlossenheit vereinten SPIEGEL-Zentralkomitees dazu dienen, deren Gehalt einordnen zu können.
Der Euro wird abgeschafft? Es ist absolut sicher, daß dies nicht geschieht. Nicht nur, daß es Wahnsinn wäre und die Euro-Zone schlankerhand auf das wirtschaftliche Niveau Italiens drückte; nicht nur, daß dieser miese Partikularismus, unter dem dieser Kontinent wie kein anderer der Erde lang litt, miefige Urständ‘ feierte und damit zugleich die – in diesem Falle links motivierten – Blut- und Bodenphantasien näher an die Wirklichkeit heranbrächte; nicht nur, daß Augstein offensichtlich keine Ahnung davon hat, was eine Währung ist und wie Währungen funktionieren – er wird nicht abgeschafft. Das ist für niemanden, der in Verantwortung steht und diese nicht rund um die Uhr mit Füßen tritt, zu keinem Moment eine Option. Sie ist auch nicht der Wirklichkeit entnommen, sondern dem, was solche Typen wie den Augstein bei all ihrer inhaltlichen Bedeutungslosigkeit gefährlich macht: einem Gebräu aus Unwissen, Angst und dem Bedürfnis, die eigene, daraus entstandene Meinung mit möglichst viel Bohei in die Welt hinaus zu blasen.
Die freien Märkte werden abgeschafft? Herrje – hier ist es schwer, sich auf einen Ansatz zu konzentrieren, um diesen Blödsinn zu widerlegen. Das aber nicht deswegen, weil der Gedanken durchschlagend wäre, sondern deswegen, weil er in so wenigen Worten so viel dummes, unwahres Zeug enthält. Zunächst einmal haben wir in Europa kaum freie Märkte. Volkswirtschaftlich wird dann von einer Planwirtschaft gesprochen – also: von einem unfreien Markt -, wenn der Staat mehr als die Hälfte der Gesamtausgaben einer Volkswirtschaft tätigt. Das aber ist bei uns der Fall. Wir haben keine wirklich freien Märkte. Wir haben in unseren sozialen Marktwirtschaften teilregulierte Märkte. Die Märkte können auch nicht abgeschafft werden – werden sie zu unfrei, dann bilden sich parallele Wirtschaftssysteme. Daran kann Pappnase Augstein sich vielleicht noch erinnern, denn er war gewiß als Jugendlicher einmal in der DDR oder in Ost-Berlin (das nach westalliierter Sicht nie integrierter Bestandteil der DDR war): zwar gab es für den ordinären Bürger der DDR im Konsum keine Bananen, aber für ein wenig Westgeld konnte er sich natürlich Bananen organisieren. Zwar gab es in der DDR keinen Markt für West-Zigaretten – aber es gab West-Zigaretten. Daher ist klar: der Markt läßt sich, auch wenn Augstein andere Phantasien haben mag, nur eine gewisse Zeit lang vergewaltigen. Die Vorstellung, Märkte könnten abgeschafft werden, setzt voraus, daß es da jemanden gäbe, der die Macht dazu hätte. Denjenigen aber gibt es nicht. Niemand kann das. Zum Glück, denke ich.
Der europäische Sozialstaat verschwindet? Wie aber kann das denn sein, daß etwas verschwindet, was es gar nicht gibt? Es gibt keinen europäischen Staat. Es gibt auch keine gemeinsamen Sozialstandards, die, gemessen an dem, was bei uns real existiert, nennenswert wären. Außerdem haut unser Oberdurchblicker Augstein hier natürlich – wie stets – Dinge durcheinander, die nicht so viel miteinander zu tun haben; aber was kümmert das unseren Dampfplauderer der höheren Einsicht? Daher, Augstein, aufgemerkt und aufgepaßt: der europäische Sozialstaat, von dem Du da so salbungsvoll laberst, ist nicht existent, sondern ein Fernziel so mancher, das in der Sozialcharta der Europäischen Union umrissen ist. Merkste ‚was? Europäische Union! Nicht aber: Euro-Zone. Aber nun – was kümmern solche Fisimatenten einen solch großen Geist wie den des Jakob Augstein? Viel Wollen, aber keinerlei Substanz. Nur öde daherreden, aber nichts wissen oder verstehen – das sollte doch sogar denen, die, es sei beklagt, politisch in seiner Nähe stehen, mit der Zeit zu denken geben.
Wer immer auch beim SPIEGEL auf die dämliche Idee kam, diesen Jünger der dummeinfachen Lösungen für dieses Blatt oder dessen Internetausgabe schreiben zu lassen, sollte in sich gehen, sich schämen und öffentlich Abbitte tun.
Den Augstein-Blödsinn kann man hier nachlesen: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,792707,00.html